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Familie Einstein - verwurzelt in Ulm

Schwarz-weiß-Porträt von Pauline Einstein und ihrem Mann Hermann Einstein

Pauline und Hermann, die Eltern von Albert Einstein

Die weit verzweigte Familie Einstein stammte ursprünglich aus Kappel und Buchau, wo die Großeltern des berühmten Physikers lebten. In Buchau bekam das Ehepaar Abraham und Helene Einstein zwischen 1841 und 1855 die sechs Kinder August Ignaz, Jette, Heinrich, Hermann, Jakob und Friederike. Nach ihrer Hochzeit mit Kosman Dreyfuss zog Tochter Jette als erstes Familienmitglied 1864 nach Ulm. Bald schon folgten ihre Eltern und die meisten ihrer Geschwister, auch Hermann Einstein.

Spätestens seit seiner Heirat mit der in Cannstatt geborenen Pauline Koch war Hermann Einstein als Kaufmann in der Bettfedernhandlung „Israel und Levi“ am Weinhof 19 in Ulm tätig. Die einzelnen Familienmitglieder knüpften in der neuen Heimatstadt schnell Kontakte und engagierten sich in der Gesellschaft. Als die jüdische Gemeinde anlässlich der 500. Wiederkehr der Grundsteinlegung des Münsters 1877 die Jeremias-Figur für die evangelische Kirche stiftete, beteiligten sich auch Hermann Einstein, August Einstein und deren Schwager Kosman Dreyfuss an der Spendenaktion. Kosman Dreyfuss gehörte sogar dem dazu eigens eingerichteten Komitee an. Verwandtschaftlich verbunden waren die Einsteins in Ulm mit den Familien Dreyfuss, Hofheimer, Wessel, Steiner, Hirsch und Moos.

Am 14. März 1879 kam Albert Einstein in der Bahnhofstraße 20 als erstes Kind von Hermann und Pauline Einstein zur Welt. Bereits im Juni 1880 verließ die junge Familie die Stadt Ulm in Richtung München, wo im folgenden Jahr die Tochter Maja geboren wurde. Bis auf Verwandtschaftsbesuche und Schriftwechsel mit der Stadt endete das Ulmer Kapitel von Albert Einstein recht bald. Nicht jedoch für die zahlreichen Verwandten des späteren Nobelpreisträgers, denn mindestens vier Tanten und Onkel lebten hier und es wurden 18 Cousinen und Cousins in Ulm geboren. Die überwiegende Mehrzahl von ihnen wuchs hier auf und verbrachte ihr Erwachsenenleben in Ulm. Kosman Dreyfuss, der Ehemann von Albert Einsteins Tante Jette, wurde nur wenige Jahre nach seiner Ankunft in Ulm zum Vorsitzenden des Israelitischen Vorsteheramtes gewählt. Ihm wurde die Ehre zu Teil, den Schlüssel für die Synagoge vom Bauherrn in Empfang zu nehmen. Auch die Familie Adolph und Friederike Moos zählte zu den angesehenen Bürgern der Stadt.

Ein schweres Los traf Lina Einstein, eine von drei Töchtern des Ehepaares August und Bertha Einstein. Innerhalb weniger Jahre verstarben ihre Eltern und ihre beiden Schwestern. Lina Einstein blieb unverheiratet und war nach 1933 auf die Wohlfahrt der israelitischen Gemeinde angewiesen. Nachdem eine Auswanderung nicht zu Stande gekommen war, wurde sie am 22. August 1942 nach Theresienstadt und von dort nach Treblinka deportiert, wo sie unmittelbar nach der Ankunft in einer Gaskammer ermordet wurde. Albert Einstein selbst versuchte, seinen Verwandten in der Zeit der Verfolgung und Not zu helfen und schrieb zahlreiche Empfehlungsschreiben. Vielen Familienmitgliedern gelang es, aufgrund solcher „affidavits of support“ oder auf anderem Wege, Deutschland zu verlassen. Für Lina Einstein, Bertha Hofheimer, Marie Wessel, Hugo Moos und Julius Moos, allesamt Cousinen und Cousins von Albert Einstein, gab es jedoch keine Rettung. Albert Einstein selbst hatte 1933 Deutschland verlassen und war nach einer Vortragsreise in den Vereinigten Staaten geblieben. Bereits am 20. März 1933 wurde in Ulm die nach Einstein benannte Straße in Fichtestraße umbenannt. Kurze Zeit später wurde ihm die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt.

Nur ein Jude kehrte nach Ende des zweiten Weltkriegs freiwillig nach Ulm zurück: Alfred Moos, der Großneffe Albert Einsteins. Moos war bereits in jungen Jahren politisch aktiv und hatte sich als Jura-Student zunächst der SPD angeschlossen. Später wechselte der zur KPD-nahen "Roten Studentengruppe". Moos verließ auf Vermittlung Albert Einsteins Deutschland bereits 1933. Zunächst hielt er sich in London auf, später emigrierte er nach Palästina.

Warum er 1953 nach Ulm zurückkehrte? "Ich habe den Glauben an eine bessere und schönere Welt des Friedens nie verloren. Der Wunsch nach Vergebung und Versöhnung hat mich nach Ulm zurückgeführt", sagte er über seine Motive. Die Stadt Ulm würdigte Moos' lebenslangen Einsatz für Frieden und Freiheit mit der Verleihung der Bürgermedaille 1988. Und 2007, zehn Jahre nach seinem Tod, wurde ein Weg nach Moos benannt. Der Alfred-Moos-Weg führt durch den Alten Friedhof, am alten jüdischen Friedhof vorbei und mündet in die Friedensstraße. Viel passender hätte man sein Lebenswerk nicht würdigen können.